
Die „südostasien“ im Wandel der Zeit – Titelseiten der Zeitschrift aus vier Jahrzehnten. © südostasien
Wie kann ein herrschaftskritischer und solidarischer Dialog zwischen Akteur: innen in Südostasien und Deutschland gestaltet werden? Wie kann eine Plattform gebaut und gestärkt werden, die sozialen Bewegungen eine Stimme gibt, die die Staatsgewalt lieber zum Schweigen bringen möchte? Wie kann transnationale Solidaritätsarbeit angesichts ungleicher Machtverhältnisse zwischen dem globalen Norden und Süden gelebt werden? Wie können dafür Impulse für das Handeln in Deutschland/Europa gesetzt werden?
Antworten auf diese Fragen zu finden, ist seit 40 Jahren gelebte Praxis der „südostasien“. Das zeigt sich in den Inhalten. Die Beiträge der „südostasien“ gaben einerseits einem bereits existierenden politischen, sozialen und Umwelt-Aktivismus publizistischen Raum, oft gaben sie jedoch auch einen Anstoß, aktiv zu werden und sich zu engagieren.
2025 würdigt die „südostasien“ ihr 40jähriges Bestehen mit einer Doppelausgabe. Wir blicken auf vier Dekaden des Wandels in der Region und auf die Veränderungen der Beziehungen zwischen Europa und Südostasien. Wir ziehen Bilanz bei gesellschaftlich relevanten Themen und politischen Handlungsfeldern. Zur näheren Betrachtung kommen dabei:
- Menschenrechte (Freiheitsrechte/Sozialrechte/Kollektivrechte)
- Emanzipationsbestrebungen (zum Beispiel feministische Bewegungen/LGBTIQ/Indigene)
- Möglichkeiten zur demokratischen Teilhabe und ihre Einschränkungen
- Handlungsräume für zivilgesellschaftliches Engagement
- Beziehungen zwischen Deutschland/Europa und Südostasien (Wirtschaft/Politik/Kultur/Umwelt)
- Globale Herausforderungen und Konflikte, die die Region erfassen/beeinflussen wie Klimawandel und/oder strategische Positionierungen der Großmächte
- Erfahrungen der südostasiatischen Diaspora in Deutschland
Auch unsere Redaktion verändert(e) sich immer wieder. Bestand sie anfangs aus einem kleinen Kreis südostasiatischer Aktivist:innen im Exil und deutschen Menschenrechtsbewegten, war sie später stark geprägt von überwiegend deutschen/weißen Wissenschaftler:innen. Mittlerweile umfasst sie einen großen gewachsenen Kreis von Menschen mit verschiedensten biographischen Hintergründen und Bildungswegen. War anfangs der Blick fast ausschließlich auf das Geschehen in Südostasien gerichtet, finden nun Perspektiven der südostasiatischen Diaspora in Deutschland zunehmend Raum.
Nicht nur der Redaktionskreis ist mit den Jahren ständig gewachsen, sondern auch der Kreis der Autor*innen. Die „südostasien“ stützt sich auf einen Kreis von mehreren Hundert ehrenamtlichen Autor:innen, viele von ihnen in den Ländern Südostasiens beheimatet und dort in sozialen Bewegungen engagiert.
Die „südostasien“ ist damit in der deutschsprachigen Medienlandschaft einmalig. Sie bildet einen Publikations- und Erfahrungsraum, der auch auf einer immensen Übersetzungsleistung unserer ehrenamtlichen Redaktionsmitglieder beruht. Koloniale Kontinuitäten zu erkennen, zu benennen und emanzipatorische Ansätze sichtbar zu machen und zu fördern, das ist ein Lernweg, den wir alle gemeinsam gehen – und auf dem wir unsere Leser:innen mitnehmen.
Die Redaktion dieser Ausgabe stellt sich und ihre Motivation vor:
Nina Dederichs ist studierte Kultur- und Sozialanthropologin mit einem Schwerpunkt in Gender Studies. Seit einigen Jahren beschäftigt sie sich intensiv mit postkolonialen und intersektionalen Perspektiven auf Machtasymmetrien. Zuletzt forschte sie auf den Philippinen zur (Un)Sicherheit und (Un)Sichtbarkeit von Sexarbeit. Seit 2024 engagiert sie sich bei der „südostasien“. Als junges Mitglied setzt sie sich aus einer kritischen queer-feministischen Position dafür ein, blinde Flecken in der „südostasien“ sichtbar zu machen und Veränderungen in Richtung eines safer spaces anzustoßen.
Anett Keller ist freie Journalistin mit Länderschwerpunkt Indonesien und Engagement in und für Graswurzelbewegungen. 2007 schrieb sie das erste Mal für die „südostasien“, viele weitere Artikel und Übersetzungen folgten. Seit 2011 ist sie im Redaktionskreis aktiv, den sie seit 2018 koordiniert. Sie mag an der „südostasien“, dass diese alles auf einmal ist: Spiegel der Vergangenheit, Aushandlungsort der Gegenwart und Zukunftslabor. Im Redaktionsalltag mit Menschen aus drei Generationen und zahlreichen Ländern/Regionen hat sie reichlich Gelegenheit, zwischen verschiedenen Positionen zu vermitteln, dabei auch die eigenen zu hinterfragen und dazuzulernen – und ist dankbar dafür.
Mirjam Overhoff ist Geschäftsführerin des „philippinenbüro e.V.“ in Köln und ist seit 2005 mit den Philippinen verbunden. Die studierte Sozialwissenschaftlerin arbeitet seit 2013 intensiv zum Thema Arbeitsmigration und Migrationssoziologie. Weitere Schwerpunktthemen ihrer Arbeit sind Politik, Menschenrechte, Stadtentwicklung, Indigene, Klimawandel und der Umgang mit Müll in den Philippinen. Seit 2018 ist sie Mitherausgeberin des Online-Magazins „südostasien“, sie ist Teil der Redaktion, schreibt Artikel und arbeitet regelmäßig in Kernredaktionen der „südostasien“ mit – die gemeinsame Arbeit mit den vielen engagierten Redaktionsmitgliedern macht ihr viel Freude.
Hendra Pasuhuk ist Journalist und Trainer für interkulturelle Kommunikation mit Schwerpunkthemen Politik und Wirtschaft. Schon in den 1990er Jahren schrieb er für die „Südostasien-Informationen“, den Vorläufer der „südostasien“. Hendra sagt anlässlich des Jubiläums: „40 Jahre „südostasien“ ist das Ergebnis harter Arbeit von vielen ehrenamtlichen Mitarbeitenden. 40 Jahre sind ein Meilenstein – aber auch ein Ansporn für die Zukunft.“ Neben dem Blick zurück will Hendra auch nach vorne schauen und die „südostasien“ für die nächste Generation relevant und spannend gestalten.
Jörg Schwieger ist evangelischer Theologe und Germanist. Seit nahezu 50 Jahren steht er in Verbindung mit Südostasien – unter anderem auch durch seine berufliche Tätigkeit für den kirchlichen Entwicklungsdienst. Er ist ehrenamtlich zu Asien, in der personellen Entwicklungszusammenarbeit und lokal zu Integration und kultureller Teilhabe engagiert. Ein besonderes Anliegen ist ihm, vielfältige Stimmen aus der Region zu Wort kommen zu lassen.
Dass diese Jubiläumsausgabe am Fastnachtstag startet, bietet doppelt Anlass zum Feiern, bedeutet aber keinesfalls, dass am Aschermittwoch alles vorbei ist. Im Gegenteil: den vier ersten Artikeln werden noch etwa vierzig weitere Folgen. Und ihr könnt sie mitschreiben! Bis Ende März nehmen wir dafür noch Vorschläge an, für mehr Infos schaut in den call for papers.