Kambodscha: In der Provinz Kompong Chhnang sind die Menschen abhängig vom Ökosystem des Tonle Sap. Lokale Gemeinschaften müssen bei Antworten auf die Klima-Krise einbezogen werden
Der Klimawandel könnte zu einer katastrophalen Zukunft führen, wenn er nicht eingedämmt wird. Steigende globale Temperaturen führen zu Wirbelstürmen, Dürren, Überschwemmungen und Waldbränden. Diese Ereignisse können Gemeinden zerstören, Lebensräume verwüsten. Sie bedrohen Menschen, Wildtiere sowie Ökosysteme. Darüber hinaus kann der Klimawandel zu Bevölkerungsverschiebungen, einer verstärkten Ausbreitung von Krankheiten, Nahrungsmittel- und Wasserknappheit sowie instabilen Volkswirtschaften führen. Die Auswirkungen sind weitreichend und können bereits bestehende sozioökonomische Ungleichheiten und Ungleichheit noch verschärfen.
Ungewisse Zukunft
Seit Generationen verlassen sich die Menschen um den Tonle Sap auf seine saisonalen Überschwemmungen, um das Land mit nährendem Schlamm zu fluten, sowie die Fischbestände und die landwirtschaftlichen Kreisläufe aufrechtzuerhalten. Das einzigartige Ökosystem des Sees liefert Nahrung, Wasser und Einkommen und ist damit von zentraler Bedeutung für das kulturelle und wirtschaftliche Gefüge der Region. In Kampong Chhnang dient der Tonle Sap mit seinem Fisch-Reichtum für viele Familien als wichtigste Protein- und Einkommensquelle.
Wirtschaftliche Zwänge, soziale Hindernisse und Umweltveränderungen tragen jedoch zu einer ungewissen Zukunft für die lokale Bevölkerung bei. Zu den Bedrohungen gehören Überfischung, Abholzung, Verschmutzung und Klimawandel. Sie bedrohen den Tonle Sap, der wegen seiner biologischen Vielfalt und seiner Bedeutung für den Lebensunterhalt der umliegenden Gemeinden geschätzt wird.
Der 43-jährige Le Yang Kor lebt in dem Dorf Chhnuk Trou in der Provinz Kampong Chhnang, einem Gebiet, das jedes halbe Jahr überschwemmt wird. “Seit ich ein kleines Kind war, wohne ich hier. Jetzt kann ich sehen, wie sich die Umwelt in meinem Dorf verändert hat: starke Stürme und heftige Regenfälle in der Regenzeit und extreme Hitze und Trockenheit in der Trockenzeit”, sagt er.
Immer weniger Fisch
Das allgemeine Wohlergehen der Gemeinschaften, die Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln, Wasser und Einkommensquellen werden durch diese Veränderungen direkt beeinträchtigt. Die 29-jährige Vietnamesin Wang Thi Yong aus der Provinz Kampong Chhnang erklärt: “Ich sehe, dass es immer weniger Fische gibt. Das macht es für die Dorfbewohner*innen, von denen die meisten Fischer*innen sind, schwierig, ihr tägliches Einkommen zu sichern.” Schwankungen des Wasserstands, Rückgang der Fischpopulationen und die Zerstörung natürlicher Ökosysteme erschweren das Überleben der Menschen am See.
Generell sind die ethnischen vietnamesischen Gemeinschaften in Kambodscha oft mit Staatenlosigkeit und Rechtsverletzungen konfrontiert. Viele von ihnen leben seit Generationen im Land. Doch ihre Wurzeln und historischen Bindungen werden von den Behörden oft nicht beachtet. Meist fehlen Geburtsurkunden und Staatsbürgerschaft, was ihren Zugang zu wichtigen staatlichen Dienstleistungen in den Bereichen Bildung, Gesundheitsversorgung und Beschäftigung stark einschränkt. Diskriminierung, Vorurteile und soziale Ausgrenzung verschärfen diesen Zustand und behindern gesellschaftliche Teilhabe.
Frauen und Kinder besonders betroffen
Die Umweltprobleme, mit denen die gesamte lokale Bevölkerung konfrontiert ist, werden durch die wirtschaftliche Instabilität, die eingeschränkten Beschäftigungsmöglichkeiten und den begrenzten Zugang zu Gesundheitsversorgung und Bildung noch verschärft. Frauen, Kinder und am Fluss lebende Gemeinschaften sind von diesen Problemen unverhältnismäßig stark betroffen. Him Srey Pich, eine 17-jährige Verkäuferin im Dorf Chroy in der Provinz Kampong Chhnang, äußert sich besorgt über den Rückgang der Fischpopulation, sinkende Erträge und Preise für ihre Ernte sowie über die unbeständigen Wetterverhältnisse.
Trotz dieser Hindernisse haben die Gemeinschaften rund um den Tonle Sap Hoffnung auf eine widerstandsfähigere und nachhaltigere Zukunft. Srey Pich meint, dass Nichtregierungsorganisationen und die junge Generation Schulungen zur Flussfischerei, zum Schutz der biologischen Vielfalt und zur Erhaltung der Umwelt des Tonle Sap erhalten sollten. Wang Thi Yong wünscht sich, dass die Regierungsbehörden streng gegen illegalen Fischfang und illegale Abholzung vorgehen.
Gemeinsam auf Veränderungen vorbereiten
Durch Initiativen, die den Aufbau von beruflichen Fähigkeiten, gemeindebasierten Tourismus, nachhaltige Fischereimethoden und die Erhaltung des Ökosystems unterstützen, können die Menschen am Tonle Sap gestärkt und ihre Lebensweise geschützt werden. Die Zusammenarbeit zwischen Regierungsbehörden, Unternehmen, gemeinnützigen Organisationen und lokaler Bevölkerung kann den Mitgliedern der Gemeinden Kampong Chhnangs helfen, auf eine sicherere und wohlhabendere Zukunft hinzuarbeiten.
Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, die Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung zu berücksichtigen, sie dabei zu unterstützen, widerstandsfähiger und anpassungsfähiger zu werden sowie sicherzustellen, dass ihre Rechte und ihr Wohlergehen bei allen Entscheidungsprozessen Vorrang haben. Diese Zusammenarbeit kann die Gemeinschaften am Tonle Sap besser auf klimatische Veränderungen vorbereiten und ihr so Hoffnung für eine bessere Zukunft geben.
Übersetzung aus dem Englischen von: Simon Kaack
Die Zitate stammen von Teilnehmer*innen eines von Khmer Community Development durchgeführten Projekts.