Dies ist der zweite Teile des Artikels „Rise for the love of rice“ (hier geht es zu Teil I):
Faire Preise fördern lokale Kreisläufe
Jedenfalls geschieht der Handel von FARDEC-Reis zu einem fairen Preis. Die Bauernorganisationen und individuelle Mitglieder haben durch die Investition in das Auftragswesen ein Verantwortungsgefühl für die Reismühle und das Lagerhaus. Vier Mitarbeitende aus den umliegenden Gebieten kümmern sich täglich um die Mühle und das Lager, ebenso werden die Außenstellen von lokalen Mitarbeitenden geführt und betrieben. Einmal pro Erntesaison erfragen die einkaufenden Arbeitskräfte nach einem geschätzten Betrag von FARDEC, den sie für die Reis-Beschaffung einzelner Bäuerinnen und Bauern aus der Umgebung benötigen.
Die Bäuerinnen und Bauern der umliegenden Dörfer verkaufen ihren Reis nicht einfach nur an FARDEC. Teile ihrer Ernte können sie außerdem für einen günstigeren Preis im Vergleich zu kommerziellen Mühlen für den Eigenbedarf mahlen lassen. Reiskleie, ein Nebenprodukt das bei der Produktion entsteht, kann zudem für die Fütterung von Nutztieren verwendet werden. In den FARDEC Mühlen ist diese Reiskleise für 10 Pesos pro Kilo zu erwerben, günstiger als bei herkömmlichen Vertreibenden, die 15 Pesos pro Kilo verlangen. Die Reishülsen werden von den Bäuerinnen und Bauern außerdem als Düngemittel verwendet und findet somit wieder seinen Weg in die Produktion.
Erträge, Probleme und Lösungsansätze
Objektiv gesehen konnten Bäuer*innen ihre individuellen Erträge gewinnbringend erhöhen. Im ersten Jahr der Umsetzung, im Jahre 2009, zahlte der Hof der Alturas 17 Pesos pro Kilo, die FARDEC Reismühle hingegen 17,50 Pesos pro Kilo. Zu diesem Zeitpunkt konnten 1000 Säcke Reis bearbeitet werden. Aufgrund der limitierten Kapitalausstattung und der Tatsache, dass es der erste Anlauf war, konnten zu Beginn lediglich jene Bäuerinnen und Bauern berücksichtigt werden, die Mitglieder in de Organisationen der nahegelegenen Dörfer waren. Damit wurde den Bäuerinnen und Bauern ebenso deutlich, welche Vorteile es hat, Mitglied einer Organisation zu sein. Während der anschließenden Erntesaison im Jahre 2010 fühlte sich der Reishändler Alturas offenbar von den Aktivitäten von FARDEC „bedroht“, und erhöhte den Ankaufspreis für Reis auf 18 Pesos pro Kilo. Begrenzte Kapazitäten und Volumen zwangen FARDEC nach Verhandlungen mit den umliegenden Organisationen, das eigene Angebot um 25 Centavos statt 50 Centavos gegenüber den von Alturas genannten Preis zu erhöhen.
Ein weiteres Problem stellte sich für FARDEC auf der Seite des Marktes. Mit Anstieg der Produktion von Reis kam die Herausforderung auf, dass dieser Reis auch binnen zwei Monaten verkauft und konsumiert werden musste, da FARDEC auf die Verwendung von Konservierungsmitteln verzichtet. HUMABOL löste dieses Problem, indem es Konsument*innen-Kooperativen in Dörfern gründete, die keinen Reis anbauen. Diese Bäuer*innen-Organisationen und Konsument*innen-Kooperationen erhielten in großen Mengen Reis von FARDEC, den sie an die Mitglieder der Gruppen verkauften oder verteilten. Somit wurden diese Mitglieder vom öffentlichen Markt unabhängig und erhalten ihren monatlichen Vorrat an Reis von einer ihnen bekannten Kooperative. Für potentiell größere Volumen ist es sinnvoll und wichtig, dass FARDEC den eigenen Markt weiter ausbaut, sodass der produzierte Reis weiterhin verkauft werden kann.
Eine der größten Herausforderungen bei der Vergrößerung des Marktes auf Cebu ist die traurige Tatsache, dass der dortige Markt bereits mit billigerem, wenn auch qualitativ schlechterem Reis überflutet ist. Reis-Kartelle sind zudem in Cebu City angesiedelt und kontrollieren von dort den Import und die Verteilung in die einzelnen Provinzen. Die meisten Menschen präferieren dabei billigeren Reis, da das Bewusstsein über langfristige Ernährungssicherung bislang noch keine große Rolle in den Lebenswelten der meisten Konsument*innen spielt. Den meisten Konsument*innen ist nicht bewusst, dass Reis nur bis zu sechs Monate über eine gute Qualität verfügt. Sobald er geschält wurde, sind es sogar nur noch zwei. Der Reis wird, illegal importiert oder nicht, jedoch durchaus länger gelagert. Obwohl er möglicherweise noch recht weiß aussieht, was auch mit Bleiche zusammenhängen mag, schmeckt er dementsprechend nicht mehr so gut wie lokal produzierter, frisch geernteter Reis. In den Zeiten, in denen die Philippinen ein großes Volumen an Reisimporten in Lagerhallen der NFA lagerte, verdarben Tonnen von Reis, so dass der Konsum Risiken barg. Zudem gab es inoffizielle Informationen darüber, dass die Lager der NFA mit Chemikalien besprüht wurden, um „bukboks“ (Reisbohrer) fern zu halten. Außerdem gibt es Gerüchte, dass der importierte Reis teilweise mit lokalem Reis gemischt wird, um diesen für einen höheren Preis zu verkaufen. Diese Bedenken sollten in die Anpreisung rund um FARDEC-Reis involviert werden, um auf Themen wie Ernährungs- und Lebensmittelsicherheit aufmerksam zu machen, nicht nur in Bezug auf Bäuer*innen, sondern auf das gesamte Land und alle Konsument*innen.
Herausforderungen in einer neoliberalen Welt
FARDEC als NGO könnte dieses Unterfangen niemals alleine tragen. Obgleich es ein Konzept entwickelt hat, finanzielle Unterstützung sichert und die Operationen betreut, ist dieses soziale Unternehmen nur möglich, indem ein Kollektiv aus Organisationen als Partner*innen vor Ort aktiv war. Diese Organisationen haben ein entwickeltes Verständnis für Disziplin und haben sich der Aufgabe der Armutsreduzierung verschrieben. Obwohl es das soziale Unternehmen seit nunmehr acht Jahren gibt, ist der Lernprozess noch nicht abgeschlossen und neue Herausforderungen des internen Managements müssen bewältigt werden, um den Fortbestand der Aktivitäten zu sichern. Solche konkreten Erfahrungen zeigen, dass wir definitiv Alternativen zu dem herkömmlichen System anbieten können, abseits von Monopolbildung und Import. Dabei ist es jedoch nötig, dass diese Alternativen politische Unterstützung erhalten, um sich gegen Monopole zu behaupten.
Die Verhinderung von Reis-Kartellen und Monopolen scheint im aktuellen Szenario sehr unwahrscheinlich, da die derzeitige Regierung eher den Import von Reis unterstützt als den Aufbau lokaler Produktion. Dies liegt in der neoliberalen Politik der Welthandelsorganisation (WTO) begründet, die Einfluss auf die Politik der Philippinen hat. Wie kann ein Land des globalen Südens wie die Philippinen in einem kapitalistischen Spiel gegen Länder des globalen Nordens gewinnen? Wie soll eine kleine Initiative gegen Monopole ankommen, die in puncto Kapitalisierung und Rückhalt aus der Politik im Vorteil sind? Darüber hinaus sind die Probleme rund um die Bäuer*innen und ihre Land allgegenwärtig. Land Grabbing und die Verbreitung multi-nationaler Firmen sind Herausforderungen, die einer florierenden lokalen Produktion im Wege stehen.
Einschüchterungen und Angriffe
Die Einschüchterung, die das Projekt in den Jahren von 2014 bis 2016 sind eine weitere Herausforderung. Mitglieder des zweiten Battalion der philippinischen Armee standen im Mai 2015 in voller Montur vor dem Lagerhaus der Initiative und schossen Fotos des Gebäudes, der Umgebung und der Geräte. All das ohne Genehmigung. Die Mitarbeiter*innen ängstigten sich, sie hatten bereits negative Erfahrungen mit dem Militär gemacht. Dieser Vorfall wurde den Medien zugetragen und HUMABOL du FARDEC reichten Klage ein. Diese wurde vom Gericht abgelehnt, da angeblich Beweise fehlten. Anfang 2016 stellte das philippinische Militär ein Feldlager nahe der Reismühle auf und streute das Gerücht, dass andere Bäuer*innen die Eigentümerschaft der Initiative an dem Land, auf dem die Reismühle steht, anzweifeln würden. FARDEC, HUMABOL, TTIFA und weitere Organisationen kämpften gegen diese Einschüchterungsversuche an und hatten mehrere Dialoge mit dem Department of Agrarian Reform und der Commission on Human Rights. Glücklicherweise wurde dieser Fall im Juli 2016 gestoppt, nachdem Rafael Mariano das Ministerbüro des Department of Agrarian Reform übernommen hatte.
Das Reismühlen- und Fair Trade-Projekt überlebte bis heute ohne die Subvention der FARDE- Zentrale. Jedes Jahr erfüllte es die nötigen Auflagen der National Food Authority und der lokalen Regierung. Um Carmelo Tabada, FARDEC Bohol Koordinatorin zu zitieren:
„yawe gyud ang kalig on sa organization sa mga mag-uuma ug ang ilang naabot nga disiplina para sila mismo nakat – on ug nasaligan nga makadumala ning proyekto ug makasugakod bisan pa man sa daghang kalisdanan ug babag nga ilang giigpawan. Kini tungod kay nilihok sila ug namuno isip kolektibo“
„Der Schlüssel zum Erfolg ist die Stärke der Bäuer*innen-Organisationen und der Disziplin innerhalb dieser. Sie haben viel gelernt und man vertraut ihnen die Organisation des Projektes an. Sie sind in der Lage Herausforderungen zu meistern, weil sie als Kollektiv zusammenarbeiten und leiten.“
Und so äußert sich Danilo Olayvar, Vorsitzender und Gründer von HUMABOL:
„Magpasalamat gyud mi’g dako sa EED – Bread for the World ug sa FARDEC sa ilang pinakadako nga tabang gikan pa sa pag – organize ug paghatag og mga trainings sa sinugdanan pa namo, paghatag og daghang serbisyo ug proyekto sa patubig, sustainable agriculture ug uban pa unya dayon kining rice mill ug warehouse, truck and capital. Mao ni among mga gikinahanglan nga wala gyud nahatag sa gobyerno pero natagamtaman namo tungod sa FARDEC ug EED – Bread for the World. Mao na nga amo gyud ning ampingan ug panalipdan para makalahutay kay para gyud ni sa among kaayuhan ug alibyo sa among kalisud.”
„Wir sind so dankbar für die Unterstützung und Hilfe von Brot für die Welt und FARDEC, von der Organisation und dem Training, das wir zu Beginn erhalten haben, bis hin zu den Projekten zu tragbaren Wasseraufbereitungssystemen, nachhaltigen Anbautrainings und nun der Reismühle und dem Lagerhaus, dem Truck und der Kapitalisierung. Diese Hilfen hätte man von der Regierung erwartet, aber stattdessen sind es Brot für die Welt und FARDEC, die uns helfen. Wir werden uns um diese Projekte kümmern, sodass sie lange erhalten bleiben, denn sie sind nicht nur für unser eigenes Wohl, sondern auch für konkrete Armutsreduzierungsmaßnahmen sinnvoll.“
Chancen für Kollektivismus und Solidarität
Die Frage ist nun: Sollten sich lokale Bäuer*innen sowie Mitarbeiter*innen in der Entwicklungszusammenarbeit verzweifelt und hilflos angesichts der Situation auf den Philippinen fühlen? Die Antwort ist definitiv: nein. Die Tatsache, dass einige Organisationen den Mut hatten, diese Initiative trotz all der Herausforderungen zu gründen, zeigt eindrücklich, dass die Situation nicht verzweifelt oder hoffnungslos ist. In der nahen Zukunft wird die Reismühle zudem Bio-Reiskleie anbieten, die einem anderen HUMABOL-Projekt zugutekommen wird – einer Futtermühle, die in einer anderen Gemeinde aufgebaut werden soll. Neben der FARDEC Reismühle befindet sich eine weitere Initiative im Aufbau. Das Women’s Development Center baut in Zusammenarbeit mit einer Organisation von Kokosnuss-Bäuerinnen und Bauern, die zu HUMABOL gehört, ein Entwicklungsprojekt für eine integrierte Kokos-Produktion. All diese Beispiele zeigen, dass die Mobilisierung einer Gruppe von Bäuer*innen in Zusammenarbeit mit engagierten Mitarbeitenden in der Entwicklungszusammenarbeit im Sinne der Solidarität und des Kollektivismus Berge versetzen kann, oder zumindest die steilsten Hänge Schritt für Schritt erklimmen kann.
Übersetzung aus dem Englischen von: Kathrin Spenna