Philippinen: 2013 sackten die Inseln Batasan und Ubay nach einem Erdbeben um bis zu zwei Meter ab. Die Bewohner*innen bleiben dennoch, weil dort ihre Lebensgrundlage ist
Am 15. Oktober 2013 bebte die Erde mit einer Stärke von 7,2. Das Epizentrum lag auf Bohol in rund zwölf Kilometern Tiefe. Erdbeben sind in den Philippinen keine Seltenheit, da sie auf dem pazifischen Feuerring liegen. Das Beben zerstörte die Kalksandstein-Region aufgrund seiner Stärke massiv. Die Inseln Batasan und Ubay sackten um ein bis zwei Meter ins Meer. Die Behörden bezeichneten die Inseln schnell als Gefahrenzone. Doch die Bewohner*innen ließen sich nicht umsiedeln.
Viele Bewohner*innen leben seit Generationen vom und mit dem Meer. Sie fangen Fische, sammeln bei Ebbe Seeigel und Muscheln und verkaufen ihren Fang auf der Nachbarinsel Bohol. Seit 2013 wird allen Umsiedlungswilligen eine kostengünstige Wohnung angeboten, doch zögern weiterhin viele Menschen, ihre Inseln zu verlassen. Eine Umsiedlung hätte den Verlust ihrer Lebensgrundlage zur Folge, da die Umsiedlungsgebiete im Landesinneren liegen.
Die Inseln Batasan und Ubay liegen mitten im Danajon-Riffsystem, dass neben Korallenriffen und Küstenlinien auch Mangrovenwälder umfasst, allesamt Ökosysteme mit großer Artenvielfalt. Die 871 Einwohner*innen Batasans (Census 2020) leben entlang einer langen Straße mit kleinen Abzweigungen, die sich über 800 Meter durch die gesamte Insel zieht. Hingegen leben auf der Nachbarinsel Ubay 223 Einwohner*innen, die Insel ist rund 130 Meter lang.
Mittlerweile liegen Batasan und Ubay stellenweise nur noch 1,2 Meter über dem Meeresspiegel. Regelmäßige Springfluten zu Voll- und Neumond, eine tägliche Tide und der Monsun lassen die Straßen und Häuser überfluten. An 135 Tagen im Jahr drückt die Flut das Meerwasser für etwa vier Stunden am Tag über die gesamten Inseln, wobei im Durchschnitt das Wasser in ganz Batasan 36 Zentimeter und in Ubay 43 Zentimeter hoch steht. Daher hat das Ministerium für Umwelt und natürliche Ressourcen die Insel für unbewohnbar erklärt.
Das Erdbeben zerstörte auch die Trinkwasserversorgung. Bewohner*innen sammeln zwar Regenwasser, aber das deckt den Süßwasserbedarf nicht. Der Anbau von Pflanzen ist auf den beiden Inseln aufgrund der Salzwasser-Fluten nicht möglich. So transportieren die Bewohner*innen Süßwasser und alles weitere Lebensnotwendige aus der nächstgelegenen Stadt Tubigon, eine Bootsfahrt von 30 Minuten entfernt.
Die Bewohner*innen passen seit 2013 kontinuierlich ihren Lebensstil an die regelmäßige Überflutung an und legen Bürgersteige, öffentliche Gebäude, Wohnhäuser und Möbelstücke höher. Die Schule findet auch bei Hochwasser statt. Eine große Mangrovenplantage von mindestens 54 Hektar wurde am Rande Batasans von den Bewohner*innen angepflanzt, um die Insel vor Wellen und Stürmen zu schützen.
Trotzdem bleibt die Angst vor den Folgen des Klimawandels, dem Anstieg des Meeresspiegels und den immer zerstörerischen Stürmen, die regelmäßig über die Philippinen fegen. Kaum einen Monat nach dem Erdbeben zog der Supertaifun Yolanda/Haiyan mit Windgeschwindigkeiten bis zu 400 km/h über die Philippinen, dabei blieben Ubay und Batasan zwar verschont. Doch der Taifun Odette/Rai (Dezember 2021) traf beide Inseln mit voller Wucht und brachte neben Wasser auch eine massive Schwemme von Trümmern und Müll mit sich. Jährlich werden die Philippinen von rund 20 Taifunen heimgesucht. Treffen sie auf die Inseln, so schwemmen sie Tonnen an Plastikmüll aus dem Meer in die Siedlungen.
Forschende gehen davon aus, dass die beiden Inseln zunehmend weiter absacken und von den Folgen des Klimawandels extremer betroffen sein werden. Gleichzeitig sehen sie Inselbewohner*innen als weltweite Vorbilder zur Anpassung der Lebensweise an den Klimawandel an. In den letzten elf Jahren die ist die tägliche Tide kontinuierlich angestiegen. Das weitere Steigen des Wassers ist nur eine Frage der Zeit.
Vielen Bewohner*innen ist die Lage ihrer Inseln Ubay und Batasan bewusst. Dennoch bleiben sie: „Es ist nicht leicht, aufzugeben, wenn man auf einer Insel aufgewachsen ist. Ich bin stolz darauf, Batasanon zu sein. Das ist der Slogan, den ich in die Welt tragen möchte: Batasanons sind Kämpfer.“ So fordern die Inselbewohner*innen die größten Umweltverschmutzer der Welt (Firmen und Staaten des globalen Nordens) auf, die Verantwortung für den Klimawandel und seine Folgen zu übernehmen, den sie durch ihr Handeln verursachen.
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