4 | 2020

Antirassistischer Wandel braucht Solidarität

Kambodscha Rassismus Solidarität

Demonstration gegen Polizeigewalt in Ferguson 2015, © Marcela McGreal, Flickr, CC BY 2.0

USA/Kambodscha: Die Rhetorik in der Corona-Krise hat erneut Parallelen zwischen anti-asiatischem und anti-Schwarzem Rassismus deutlich gemacht. Als Konsequenz begannen viele Gruppen, sich zu solidarisieren und ihre Kämpfe zu verbinden, zum Beispiel die Cambodian American Literary Arts Association

Das Alarmsignal für mehr Solidarität untereinander war in diesem Jahr laut und deutlich zu vernehmen. Während die Welt gegen eine globale Pandemie kämpft, haben viele von uns nach wie vor mit dem Kampf gegen rassistische Benachteiligung zu tun. Mit aufgesetzten Masken und handgeschriebenen Plakaten oder Schildern, die hoch in die Luft geschwenkt werden, entscheiden sich Gemeinschaften aus der ganzen Welt, einschließlich derer aus der kambodschanischen Diaspora, solidarisch zusammenzustehen. Das Adrenalin, das dabei freigesetzt wird und durch die Straßen schwappt, ist förmlich greifbar.

Kambodscha Rassismus Solidarität

Arbeiten in Zeiten der Pandemie: Digitaler Erfahrungsaustausch © Cambodian American Literary Arts Association

Anti-asiatischer Rassismus während der Corona-Pandemie

Sich zu engagieren und sich an den gegenwärtigen sozialen Bewegungen zu beteiligen, erfordert viel Mut, Opfer und das bewusste Eingehen von Risiken. Zu Beginn der Pandemie und aufgrund vermehrter rassistischer Rhetorik wurden asiatische Amerikaner*innen wiederholt angefeindet. Menschen mit asiatischen Wurzeln dienten als Zielscheibe und wurden Opfer hasserfüllter Taten. Antirassistische Bewegungen, die es zuvor bereits gab, wollten dem etwas entgegensetzen und klar machen, dass Asiat*innen – anders als so oft behauptet – eben kein Virus sind.

Die Spannung war bereits hoch. Als George Floyd am 25. Mai 2020 ermordet wurde, wuchs die antirassistische Bewegung noch einmal, da die Demonstrierenden nun auch gegen die Brutalität der Polizei kämpften. Viele Menschen aus der kambodschanischen Diaspora in Amerika stellten sich an die Seite der Schwarzen Bevölkerung, um gegen diese Ungerechtigkeiten aufzubegehren. Dies geschah jedoch nicht immer ohne Kritik von Mitgliedern aus unserer eigenen Gemeinschaft. „Ihr seid keine Schwarzen. Warum engagiert ihr euch dafür?“ hieß es oft. Unsere Antwort darauf lautet: „Das Leben von Kambodschaner*innen ist wichtig. Aber alle Leben sind gleich wichtig.“

Kämpfe gegen Diskriminierung verbinden

Häufig bekamen wir dennoch zu hören, dass wir zuerst unserer eigenen Gemeinschaft helfen sollten. Diese Reaktionen auf die Black Lives Matter-Bewegung (BLM) waren teilweise sehr entmutigend. Aber sie hielten diejenigen, die verstehen, dass die Befreiung von asiatischen Amerikaner*innen und Afroamerikaner*innen miteinander verbunden sind, nicht davon ab, weiter zu demonstrieren. Wie Dr. Martin Luther King Jr. sagte: „Niemand ist frei, bis wir alle frei sind“. Hätte die kambodschanische Diaspora in den USA dieselben Freiheiten ohne die Opfer, welche die Schwarze Gemeinschaft in der Geschichte erbracht hat und ohne die Bürgerrechtsbewegung? Wir müssen uns an diejenigen erinnern, die uns den Weg zum Schutz unserer eigenen Menschenrechte geebnet haben, lange bevor wir es konnten.

Kambodscha Rassismus Solidarität

Mehr Kommunikation innerhalb der Gemeinden, um Rassismus benennen zu können © Cambodian American Literary Arts Association

„Um eine stärkere Gemeinschaft aufzubauen und Verbündete im Kampf gegen Rassismus zu werden, müssen wir das Problem anerkennen und die toxischen Erzählungen, die man uns beigebracht hat, aktiv wieder verlernen.“

Ein weiterer Aspekt in der Debatte ist, dass uns klar werden muss, welche Vorurteile uns selbst beigebracht wurden. In dem Moment, als einige von uns auf ihre eigene Erziehung zurückblickten, wurde vielen klar: Anti-Schwarzer Rassismus wurde uns schon in jungen Jahren anerzogen. Man sah auf dunklere Haut herab, und hellere Haut wurde bewundert. Es wurde deutlich, dass genau dies ein Teil des Problems ist. Um eine stärkere Gemeinschaft aufzubauen und Verbündete im Kampf gegen Rassismus zu werden, müssen wir das Problem anerkennen und die toxischen Erzählungen, die man uns beigebracht hat, aktiv wieder verlernen. Dazu müssen wir in der Lage sein, miteinander zu kommunizieren und bereit dazu sein, neue Dinge zu erlernen.

Sich Sprache bewusst machen, um Rassismus zu verlernen

Die Cambodian American Literary Arts Association (CALAA) hat als Lehre aus diesen Erkenntnissen aktive Schritte unternommen, um das Gespräch über Anti-Schwarzen Rassismus und die Black Lives Matter-Bewegung zu unterstützen und zu fördern. Dank des Engagements und der Leitung von Lena Sarunn, der Exekutivdirektorin der CALAA, begann die Vereinigung, mit Gemeindepartner*innen in Massachusetts und Minnesota zusammenzuarbeiten, um das Black Lives Matter Translation Project zu entwickeln. Der erste Schritt, den die Menschen in unserer Gemeinde tun können, besteht darin, die verschiedenen Wörter und Sätze zu lernen, die nötig sind, um miteinander zu kommunizieren und sinnvolle Gespräche über Rassismus und Anti-Schwarze Diskriminierungsformen zu führen. Das Black Lives Matter Translation Project bietet Wörter und Redewendungen in Khmer und Englisch mit erläuternden Audiospuren in Khmer als Hilfsmittel für diese Gespräche an. Es besteht auch die Möglichkeit einer wörtlichen Übersetzung ins Englische, da es manchmal schwierig ist, Wort für Wort zu übersetzen. Die wörtliche Übersetzung von Black lives matter in Khmer lautet zum Beispiel: Schwarze Leben sind ebenso wichtig.

Nutzer*innen können dabei auch lernen, was Begriffe wie ‚Rassismus’, ‚weißes Privileg’ und ‚Allyship’ bedeuten und wie sie jeweils ausgesprochen werden. Die Hoffnung von CALAA ist, dass dieses Hilfsmittel eine nützliche Wirkung entfalten kann, sei es in Gesprächen mit der Familie, Freunden oder anderen Bekannten. Indem wir ein Wort nach dem anderen bestimmen, können wir positive, wünschenswerte Veränderungen für eine bessere, antirassistische Zukunft herbeiführen.

Wichtige Wörter und Phrasen zum Thema in Khmer können im Verzeichnis des Projektes nachgelesen werden.

Kambodscha Rassismus Solidarität

Publikation The Stilt House Zine: Die eigene Geschichte reflektieren, die von anderen mit einbeziehen © Cambodian American Literary Arts Association

Gemeinsame Diaspora-Erfahrungen teilen

Darüber hinaus sammelte CALAA verschiedene Perspektiven aus der kambodschanischen Diaspora im ganzen Land in Bezug auf die Black Lives Matter-Bewegung (BLM) und stellte sie in einer Publikation zusammen. Diese hat vor allem zum Ziel, das Thema in Südostasien bekannter zu machen. Wenn man die Möglichkeit hat, aufzuschreiben, wie man sich fühlt, und diese Gedanken austauschen kann, ist das ein wirkungsvoller Weg, um Verbindungen untereinander herzustellen. Wie die kambodschanisch-amerikanische Dichterin Sabrina Im als Teil ihrer Sichtweise der BLM feststellt: „Wir alle durchleben eine Pandemie und einen historischen Einschnitt. Aber wenn unsere südostasiatischen Gemeinschaften zusammenkommen können, vereint gegen Ungerechtigkeit, hoffe ich, dass wir uns alle daran erinnern, was Hoffnung und kollektive Solidarität bedeuten“.

Wie sehen Solidarität und Allyship in Zeiten wie diesen aus? Ein großer Teil davon besteht darin, Vordenker*innen von Schwarzen-Bewegungen und den Menschen in Schwarzen Gemeinschaften aktiv zuzuhören. Diese Form der Solidarität hebt schwarze Schriftsteller*innen, Künstler*innen und Kreative hervor. Sie nutzt Ihre Macht als Verbraucher*in, um Unternehmen, die von Schwarzen Menschen geführt werden, zu unterstützen. Sie stärkt auch ihre politische Stimme und geht an die Wahlurnen, um für diejenigen zu stimmen, die Rassismus verurteilen.

Erziehungsmuster verändern, um Gemeinschaft zu schaffen

„Rassismus wird nicht über Nacht verschwinden. Wir können protestieren, wir können Artikel schreiben, wir können spenden. Aber am wichtigsten ist, dass wir immer solidarisch zusammenhalten müssen, damit in unserer nahen Zukunft und für kommende Generationen ein echter antirassistischer Wandel stattfinden kann.“

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das Verständnis dafür, wie eng unsere Gemeinschaften miteinander verflochten sind. Ein afrikanisches Sprichwort besagt: „It takes a village to raise a child.” Alle Kinder, auch die mit bikulturellem oder multikulturellem Hintergrund, müssen wissen, dass wir alle zueinander stehen und dass sie in allen Räumen akzeptiert werden. Egal, ob sie sich nun als kambodschanisch, als Schwarz oder als Schwarze Kambodschaner*innen sehen.

Rassismus wird nicht über Nacht verschwinden. Wir können protestieren, wir können Artikel schreiben, wir können spenden. Aber am wichtigsten ist, dass wir immer solidarisch zusammenhalten müssen, damit in unserer nahen Zukunft und für kommende Generationen ein echter antirassistischer Wandel stattfinden kann.

Übersetzung aus dem Englischen von: Simon Kaack

  • Artikel
Antirassistischer Wandel braucht Solidarität
Die Autorin
Joan Chun ist stellvertretende Direktorin der Cambodian American Literary Arts Association (CALAA). Sie wurde in St. Petersburg, Florida, geboren und wuchs in Lowell, Massachusetts, auf. Derzeit ist sie Vorstandsmitglied des Clemente-Park-Komitees und ehrenamtliche Koordinatorin für das Lowell Southeast Asian Water Festival. Sie widmet sich der Bewahrung südostasiatischer Kultur in den Vereinigten Staaten und hilft Kambodscha-Amerikaner*innen, sich mit ihrer bikulturellen Identität auseinanderzusetzen, indem sie ihre Geschichte und Kultur kennenlernen.
  • Antirassistischer Wandel braucht Solidarität
    Antirassistischer Wandel braucht Solidarität

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Die Autorin
Joan Chun ist stellvertretende Direktorin der Cambodian American Literary Arts Association (CALAA). Sie wurde in St. Petersburg, Florida, geboren und wuchs in Lowell, Massachusetts, auf. Derzeit ist sie Vorstandsmitglied des Clemente-Park-Komitees und ehrenamtliche Koordinatorin für das Lowell Southeast Asian Water Festival. Sie widmet sich der Bewahrung südostasiatischer Kultur in den Vereinigten Staaten und hilft Kambodscha-Amerikaner*innen, sich mit ihrer bikulturellen Identität auseinanderzusetzen, indem sie ihre Geschichte und Kultur kennenlernen.
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    Antirassistischer Wandel braucht Solidarität

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Joan Chun

Joan Chun ist stellvertretende Direktorin der Cambodian American Literary Arts Association (CALAA). Sie wurde in St. Petersburg, Florida, geboren und wuchs in Lowell, Massachusetts, auf. Derzeit ist sie Vorstandsmitglied des Clemente-Park-Komitees und ehrenamtliche Koordinatorin für das Lowell Southeast Asian Water Festival. Sie widmet sich der Bewahrung südostasiatischer Kultur in den Vereinigten Staaten und hilft Kambodscha-Amerikaner*innen, sich mit ihrer bikulturellen Identität auseinanderzusetzen, indem sie ihre Geschichte und Kultur kennenlernen.

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