Philippinen: NutriAsia ist der größte Flüssiggewürzhersteller der Philippinen und ein global agierender Konzern. Nach einer Massenkündigung kommt es Mitte 2018 zum Streik. Der Staat antwortet mit Gewalt. Seitens der Bevölkerung erhalten die Streikenden breite Solidarität.
Seit dem 2. Juni 2018 streiken die Arbeiter*innen von NutriAsia in Marilao, Provinz Bulacan, für Festanstellung, Zulagen, Lohnerhöhungen und für die Rücknahme von Einkommenskürzungen. Bei NutriAsia handelt es sich um den größten Hersteller von flüssigen Gewürzen wie z.B. Soja- und Fischsaucen in den Philippinen. Er befindet sich im Besitz des philippinisch-chinesischen Geschäftsmannes Joselito Campos. Das Unternehmen erzielt ein Milliardeneinkommen. Es vertreibt und verkauft Produkte in Europa, Mittel- und Ostasien, im Pazifik und in Nordamerika. Von den 1.400 Arbeiter*innen sind nur 100 fest angestellt. Der Rest ist bei sechs Agenturen beschäftigt und leistet Leiharbeit.
Nachdem 50 Arbeiter*innen gekündigt worden sind, weil sie sich an einer Protestaktion gegen die Entlassung von fünf Gewerkschaftsfunktionär*innen und Mitgliedern beteiligt hatten, traten die Arbeiter*innen in den Streik. Das „Vergehen“ der 50 Gekündigten: Sie hatten zusammen in die Hände geklatscht. Bei NutriAsia müssen Arbeiter*innen bis zu zwölf Stunden arbeiten, Überstundenbezahlung erfolgt irregulär und sie erhalten weniger beim 13. Monatsgehalt. Die Arbeitsbedingungen führen zu Unfällen und lösen Krankheiten aus.
Am 28. Februar 2018 hatte das regionale Büro des Arbeitsministeriums eine Anordnung erlassen, wonach NutriAsia 914 seiner Arbeiter*innen fest anstellen sollte. Außerdem wurde bemängelt, dass sich NutriAsia nicht an die Arbeits- und Berufssicherheitsstandards halte. Das Management weigerte sich jedoch, diese Anordnungen umzusetzen, weil die streikenden Arbeiter*innen nicht bei NutriAsia, sondern bei einem anderen Betrieb, einer Verpackungsfirma, angestellt seien.
Seit Beginn des Streiks wurden Polizei- und Spezialkräfte zusammengezogen und die Streikpostenkette mehrfach und auf unterschiedliche Weise provoziert. Am zwölften Streiktag dann der vorläufige Höhepunkt: Mit 200 örtlichen Polizeikräften und einem massiven Einsatz von Gewalt mit Rattanholz- und Schlagstöcken wird die Streikkette am 14. Juni gebrochen. 19 Arbeiter*innen und ein studentischer Unterstützer werden inhaftiert, etliche verletzt. Daraufhin rufen verschiedene Bürger*innen erstmalig zum Boykott von NutriAsia-Produkten auf.
Das Wichtigste ist jedoch, dass die Arbeiter*innen an ihrem Streik festhalten. Sie lassen sich durch die massive Gewalt nicht einschüchtern und aufhalten. Am 16. Juni 2018 stellen sie ihre Streikpostenkette erneut auf. Mitglieder fortschrittlicher Parteilisten und der KMU Kilusang Mayo Uno (Gewerkschaftsdachverband 1. Mai) unterstützen durch ihre Anwesenheit persönlich die Streikenden. Und sie schalten den stellvertretenden Arbeitsminister Joel Maglunsod ein, eine der wenigen verbliebenen fortschrittlichen Personen in der Duterte-Regierung. Er ermutigt die Arbeiter*innen, ihren Streik fortzusetzen.
Die Polizei aber missachtet erneut das Recht der Streikenden und bleibt vor Ort. Es entwickelt sich eine breite Solidarität. So kommen am 23. Juni 2018 Organisationen und Einzelpersonen aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen zusammen, zeigen ihre Solidarität und fordern die Öffentlichkeit auf, NutriAsia-Produkte zu boykottieren.
Quelle: Arbeiterkorrespondenz der Deutsch-Philippinischen Freunde e.V. (Düsseldorf), 29.06.2018
Der (für die südostasien redaktionell bearbeitete) Beitrag entstammt folgender Neuerscheinung:
Rainer Werning / Jörg Schwieger (Hg.), Handbuch Philippinen. Gesellschaft-Politik-Wirtschaft-Kultur. 6., aktualisierte und erweiterte Auflage, Berlin, Verlag regiospectra, Feburar 2019. ISBN 978-3-94477-2906-7
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