Kambodscha: Im Interview berichtet der Kickbox-Meister Eh Phouthong über seine Karriere als Profi-Sportler und seine heutige Arbeit als Boxtrainer.
südostasien: In welchem Alter hast du mit Boxen angefangen?
Eh Phouthong wurde 1975 in der kambodschanischen Provinz Koh Kong geboren und ist ein ehemaliger kambodschanischer Profi-Kickboxer und heutiger Trainer. Eh Phouthong war für seinen kraftvollen rechten Kick bekannt, der viele Arme brach. Er ist der berühmteste Kickboxer Kambodschas. Die Agence France Press bezeichnete Eh Phouthong als „Muhammad Ali Kambodschas“.
Eh Phouthong: Als ich zehn Jahre alt war habe ich angefangen Kun Khmer [die kambodschanische Form des Kickboxens, d.R.] zu trainieren.
Wie ging es danach weiter?
Mit 18 Jahren hatte ich meinen ersten professionellen Kampf. Obwohl ich in der Provinz Koh Kong geboren wurde und dort meine ersten Jahre verbracht habe, fand dieser Kampf in der Provinz Prey Veng statt. Für diesen Kampf, den ich auch gewonnen haben, wurden mir rund fünf Dollar bezahlt.
Wie konntest du mit so wenig Geld als Profiboxer überleben?
Damals habe ich noch bei meinen Eltern in der Provinz Koh Kong gelebt und musste nicht arbeiten gehen. Nachdem ich den ersten Profi-Kampf gleich gewonnen habe, hat mein Vater für die nächsten Kämpfe bessere Konditionen ausgehandelt und ich habe mehr und mehr Geld verdient.
Was waren die größten Hindernisse auf deinem Weg?
Nach dem ersten Profi-Kampf zog ich in die Provinz Prey Veng und lebte bei meinem Onkel. Dort fühlte ich mich oft alleine. Außerdem habe ich mich so auf das Trainieren und Boxen fokussiert, dass ich nicht zur Schule gegangen bin. Bis heute geht es in meinem Leben nur ums Boxen, etwas Anderes kann ich nicht. Deswegen bin ich immer noch in diesem Business tätig.
Was war dein größter Sieg? Wann fühltest du dich am glücklichsten?
Das war nach meinem ersten Sieg in Prey Veng. Ich habe gegen einen Gegner aus Battambang [eine Hochburg des Kun Khmer, d.R.] gewonnen. Ich war so glücklich und hatte das Gefühl, nur Kun Khmer kann mich glücklich machen. Außerdem hatte ich dann auch bald das Gefühl, dass ich von dem Sport leben kann.
Hierzulande ist vor allem das Thai-Boxen bekannt. Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede gibt es zwischen Kun Khmer und Muay Thai?
Kun Khmer und Muay Thai sind sich ziemlich ähnlich. Kun Khmer hat eine ältere Tradition als Muay Thai. Aber während des Krieges [Kambodschas Bürgerkrieg, die Zeit unter den Khmer Rouge und dem anschließenden Bürgerkrieg bis 1991, d.R.] ging die Tradition im Land verloren. Zur gleichen Zeit haben die Thailänder Muay Thai gefördert und auf der ganzen Welt bekannt gemacht. Sie haben es zu ‚ihrem Sport‘ gemacht. Mittlerweile kämpfen die Khmer darum, dass der kambodschanische Ursprung des Sports anerkannt wird, weil es ein wichtiger Teil der Khmer-Kultur ist.
Im Vorfeld der Südostasien-Spiele 2023 gab es Streit zwischen Kambodscha und Thailand um die Benennung des Sports. Weil sich das Gastgeberland Kambodscha durchsetzte, hat Thailand die Kun Khmer-Wettkämpfe boykottiert. Was hältst du davon?
Ich hätte es gerne gesehen, wenn die Thais bei den Kämpfen mitgemacht hätten, weil es um den Spaß am Sport geht. Außerdem sollten auch die Besten daran teilnehmen. Wegen des Streits haben sich die Menschen über Khmer und die thailändische Kultur unterhalten. Die beiden Kulturen sind sich sehr ähnlich. Aber trotz aller Gemeinsamkeiten ist die Art, wie wir Boxen lernen und es praktizieren, doch noch eine andere.
Was muss geschehen um Kun Khmer auf internationaler Ebene mehr zu fördern?
Wir müssen von Thailand lernen und sehr viel mehr auf die sozialen Medien setzen. Außerdem müssen wir den jungen Menschen mehr Möglichkeiten geben, das Boxen als Leistungssport auszuüben.
Warum hast du nach deiner Karriere als Kämpfer eine Boxschule aufgemacht?
Ich habe die Schule gegründet, weil es keine Gegner mehr für mich gab. Ich war zu gut. Wenn mich heute ein anderer herausfordern würde, ginge ich sofort wieder in den Ring, um zu kämpfen.
Wie vielen Schülern bringst du Kun Khmer bei?
Als ich 2003 meine erste Schule in der Stadt eröffnete, hatte ich rund 20 Schüler. Mittlerweile habe ich zwei Schulen und um die 40 Schüler. Vor vier Jahren musste ich eine der Schulen in der Stadt schließen, weil es Ärger um die Landrechte gab. Ich bin deshalb aus der Stadt herausgezogen, wo ich jetzt auch wohne [Die Schule befindet sich rund eine halbe Stunde außerhalb Phnom Penhs, d.R.].
Gibt es unter deinen Schülern auch Kämpfer, die an dein Talent heranreichen?
Unter meinen 40 Schülern haben vielleicht vier oder fünf großes Talent und sie können eine erfolgreiche Zukunft haben, wenn sie sich voll auf das Boxen konzentrieren.
Wenn einer dieser Schüler kämpft, zieht es dich dann selbst wieder in den Ring?
Immer (lacht schallend!) Ja, manchmal will ich wirklich wieder zurück in den Ring und kämpfen.
Kuch Sikol hat während des Interviews aus dem Khmer ins Englische übersetzt.
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